VON SOLIDARISCHGEGENCORONA
Im Oktober 2019 brachen im Irak landesweit Proteste aus, die rasch in Platzbesetzungen u.a. in Bagdad, al Nasiriya, al Basra und Nadschaf City übergingen und die nach wie vor bestehen. Die Protestierenden fordern die Säkularisierung des konfessionalistischen Systems im Irak und bessere Lebens- und Arbeitsverhältnisse. Sie erzwangen unmittelbar den Rücktritt des Ministerpräsidenten Adel Abdel Mahdi im November 2019.
Der Irak befindet sich seither in einer offenen politischen Krise, die sich in zwei Richtungen ausdrückt: Auf die Platzbesetzungen und Demonstrationen reagierte die Regierung bislang mit gewaltsamen Repressionen, der bereits mehr als 600 Menschen zum Opfer gefallen sind. Gleichzeitig ließ sich ein Machtkampf um den Posten des Premierministers – ihm obliegt die Neubildung der Regierung – beobachten, der sich durch zahlreiche Nominierungen für diesen Posten kennzeichnete.
Flankiert wird diese politische von einer ökonomischen Krise, die sich unter dem Lockdown in der COVID19-Pandemie im Verfall des Ölpreises derzeit zugespitzt. Die Ausgangssperre, die die irakische Regierung Ende März verhängen ließ, führte gleichzeitig zu einer dramatischen Zuspitzung der sozialen Verhältnisse im Irak: Ein großer Teil der Bevölkerung, vor allem der jüngeren Generationen, ist arbeitslos, oder befindet sich in prekären Arbeitsverhältnissen, als TagelöhnerInnen, die von der Hand in den Mund leben müssen. Da es kaum sozialstaatliche Sicherungssysteme im Irak gibt, wie eine Arbeitslosenversicherung oder Ausgleichszahlungen, müssen sich die Prekarisierten nun zwischen dem Hungern daheim und der Infektionsgefahr am Arbeitsplatz entscheiden. Für viele Frauen im Irak bedeutet die Ausgangssperre wiederum, dass sie den ganzen Tag mit ihren Ehemännern und oft auch dessen Familie Zuhause eingesperrt sind. Femizide und häusliche Gewalt nehmen, wie in vielen Ländern weltweit, auch im Irak drastisch zu.
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